Auftakt im Prozess um versuchten Mord in der Sybelstraße

Am 21.04.2021 sollte der Prozess gegen vier Männer wegen versuchten Mordes vor dem Landgericht Leipzig mit der Anklageverlesung beginnen.

Den 4 Männern wird von der Staatsanwaltschaft Leipzig vorgeworfen, am 02.04.2020 in Sellerhause-Stünz einen 19-Jährigen niedergeschossen und einen 28-Jährigen mit einem Messer angegriffen zu haben.

Bereits vor Beginn der Hauptverhandlung offenbarte sich recht deutlich, dass die Jugendkammer – als Schwurgerichtskammer – die aktuelle pandemische Lage bei der Prozessplanung völlig unbeachtet gelassen hatte.

Im größten Sitzungssaal 115 des Landgerichts Leipzig befanden sich zum Prozessauftakt teilweise mehr als 45 Personen. 3 der 4 Angeklagten werden jeweils von mindestens 2 Justizwachtmeistern vorgeführt, alle Angeklagte von 2 Rechtsanwälten verteidigt und von jeweils einem Dolmetscher begleitet. Hinzu kommen 2 Vertreter der Jugendgerichtshilfe, 2 Vertreter der Staatsanwaltschaft, ein Vertreter der Nebenklage. Das Gericht selbst ist mit 3 Berufsrichtern, 2 Schöffen und einer Protokollführerin besetzt. Hinzu kamen etliche Vertreter der Presse und die Öffentlichkeit.

Rechtsanwalt Thomas, der gemeinsam mit Rechtsanwalt Gerewitz den 26-jährigen Ashraf G. verteidigt, monierte noch vor Anklageverlesung die nach seiner Meinung untragbare und für alle im Sitzungssaal Anwesenden mit einer Gesundheitsgefährdung einhergehende Situation.

Rechtsanwalt Thomas dazu: „Der Präsident des OLG Dresden hat eine Handreichung zum Dienstbetrieb für die ordentliche Gerichtsbarkeit in Sachsen während der Corona-Pandemiesituation SARS-CoV-2 vorgegeben, in deren Umsetzung maximale Belegungskapazitäten für die Gerichtssäle festgelegt wurden. Der Sitzungssaal 115 am Landgericht Leipzig ist danach mit maximal 34 Personen einschließlich der immer zu gewährenden Öffentlichkeit zu belegen. Hier befanden sich zum Teil mehr als 45 Personen im Sitzungssaal, wobei ein Teil der Anwesenden gar keine Mund-Nasenbedeckungen, andere Stoffmasken, trugen. In der aktuell gegebenen Situation, in der von Menschenansammlungen eine erhöhte Gefahr der Infektion mit einem Krankheitserreger ausgeht, obliegt insbesondere dem Vorsitzenden bei der Wahrnehmung der ihm gemäß §§ 213, 238 StPO zugewiesenen Aufgaben gegenüber allen Prozessbeteiligten eine Schutzpflicht, die eine Abwendung von solchen Gesundheitsgefahren beinhaltet. Daher war die Aussetzung der Hauptverhandlung, die Aufhebung der weiteren Termine und die Außervollzugsetzung des gegen unseren Mandanten bestehenden Haftbefehl noch vor Anklageerhebung zu beantragen.“

Die Staatsanwaltschaft trat dem Antrag entgegen und beantragte die Entscheidung darüber bis zum Zeitpunkt nach Verlesung der Anklage zurückzustellen.

Nach einer 10-minütigen Beratung der Kammer zum Antrag von Rechtsanwalt Thomas, beschloss das Gericht zunächst von der Anklageerhebung abzusehen, die Sitzung für den heutigen Sitzungstag zu beenden und die geplante Verhandlungspause bis zum 06.05.2021 zur Prüfung des Antrages zu nutzen. Der Vorsitzende äußerte dazu: „Sofort wollen wir über den Antrag nicht entscheiden. Dafür halten wir das Problem für zu relevant“.

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