Freispruch im Prozess um das - tödliche - Einbringen von Trockeneis in einen Pool
Bei einer privaten Weihnachtsfeier am 21.12.2019 kamen im Macherner Ortsteil Gerichshain in einem Outdoor-Pool zwei Männer ums Leben, nachdem als Partyspass Trockeneis in den Pool eingebracht wurde. Eine dritte Person konnte noch aus dem Pool geborgen und anschließend erfolgreich reanimiert werden.
Die Staatsanwaltschaft Leipzig wirft dem von Rechtsanwalt Thomas verteidigten Angeklagten als Organisator der Weihnachtsfeier und einem weiteren Mitangeklagten vor, durch das Einbringen von Trockeneis in den Pool fahrlässig den Tod von zwei Menschen verursacht und fahrlässig eine weitere Person körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben (fahrlässige Tötung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung).
Amtsgericht Grimma
Der in der Hauptverhandlung am Amtsgericht Grimma gehörte rechtsmedizinische Sachverständige erklärte die Todesurasche wie folgt: Durch das Einbringen von Trockeneis in den Pool begann das Trockeneis zügig zu schmelzen und es entwickelte sich Kohlenstoffdioxid, welches sich im Bereich der Wasseroberfläche ansammelte. Durch das Einatmen des Kohlendioxids kam es zur Bewusstlosigkeit der Opfer, die dann auch - nicht ausschließbar – auf Grund starker Alkoholisierung der Männer unter Wasser gerieten und so ertranken.
Nach der Anhörung weiterer Zeugen in der Hauptverhandlung folgte das Gericht der Argumentation und den Anträgen von Rechtsanwalt Thomas und dem Mitverteidiger Rechtsanwalt Dr. Flemming – der den anderen Angeklagten verteidigte – und sprach beide Angeklagte von den Tatvorwürfen frei. Sowohl Gericht als auch Verteidigung sahen keine objektive Sorgfaltspflichtverletzung der Angeklagten. Trockeneis kann selbst bei Amazon frei bestellt werden; dass ein Einsatz von Trockeneis unter freiem Himmel in einem Pool zu einem tödlichen Ausgang führen kann, war so nicht vorhersehbar. Der Richter erklärte in der mündlichen Urteilsbegründung: „Was passiert ist, ist ein schrecklicher Unfall und eine Tragödie, aber nicht jeder Unfall und jede Tragödie sind mit Mitteln des Strafrechts zu ahnden.“
Da die Staatsanwaltschaft, als auch die Nebenklage, eine Verurteilung beider Angeklagter zu einer Geldstrafe gefordert hatte, ist mit einem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft zu rechnen.
Rechtsanwalt Thomas meinte nach der Urteilsverkündung: „Wir haben hier einen Fall, den ich in seiner Tragik in meiner langjährigen Strafverteidigertätigkeit so noch nicht erlebt habe. Aus einem fröhlichem Vorweihnachtsabend mit Weihnachtsmann, Kindermusik und Tanz wurde eine Tragödie, die meinen Mandanten – völlig unabhängig vom Ausgang der Verfahrens - ein Leben lang begleiten wird. Er hat an diesem Abend seinen besten Freund und beinahe einen weiteren sehr guten Freund verloren. Der weitere Geschädigte kam über einen Freund mit zu Feier. Keiner der gehörten Zeugen war sich der Gefährlichkeit von Trockeneis bewusst. Der Freispruch mag für die Hinterbliebenen schwer erträglich sein; er ist jedoch nach meiner Auffassung – aus juristischer Sicht – der einzig richtige Verfahrensausgang.“
update 20.11.2022: Zwischenzeitlich hat die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil - beide Freigesprochene betreffend - Berufung eingelegt.